Egmont Mika

Lass die Predigt nicht vergeblich sein.

Hast du jemals versucht, die Gewohnheiten eines Menschen zu ändern und bist nicht angekommen? Also, du hattest die besten Argumente, aber nichts half?

Wahrscheinlich werden Gewohnheiten nicht in erster Linie durch Argumente oder Logik geändert. Wirkliche Veränderung entscheidet sich auf einer weit tieferen, emotionalen oder wahrscheinlich auch geistlichen Ebene, dort wo auch Mut und Furcht, Vertrauen und Misstrauen, Glaube und Zweifel ihren Sitz haben.

Mir scheinen die meisten von uns in der Regel wenig geneigt zu sein, eine Gewohnheit ändern zu wollen. Da mag es Etliches geben, mit dem wir bei uns selbst nicht ganz zufrieden sind, dennoch soll alles am liebsten beim Alten bleiben. Das ist sicherer und auch bequemer. Da weiss man, was man hat und hofft, dass es nicht schlimmer wird.

Dies ist die Situation, vor die jeder Prediger gestellt ist. Während wir als die Zuhörer zu seiner Predigt zustimmend den Kopf nicken, hat unser Inneres schon die beabsichtigte Veränderung abgeblockt. Und um nicht als gleichgültig oder halbherzig zu gelten, fliehen wir in die Vorspiegelung. Gute Predigten zielen jedoch auf Veränderung ab, nicht nur der Gedanken sondern auch der Taten, und damit der Gewohnheiten.

Wie bringen wir es fertig, Woche um Woche zuzuhören und dabei unberührt zu bleiben?

Die Erklärung dafür ist, dass Zuhören ohne anschliessendes Handeln auf die Dauer zu passivem und ritualisiertem Verhalten führt. Und je mehr Predigten wir dann noch hören, umso tiefer versinken wir in dieser Passivität. Es tritt eine Art Immunisierung gegen die Botschaften ein, wir verlieben uns in den Status quo und richten es uns bequem ein.

Wenn nur noch Selbstbestätigung und Selbstzufriedenheit das Ergebnis sind, hat jede Predigt ihr Ziel verfehlt, wirkt direkt schädlich auf die geistliche Gesundheit der Zuhörerschaft.

Wir betrügen uns selbst, wenn wir meinen, irgendetwas erreicht zu haben, indem wir lediglich zuhören und gedanklich zustimmen.

Andererseits, wenn wir aufrichtig zur Veränderung bereit sind, können gute Predigten sehr nützlich und inspirierend sein, können helfen, zu einer guten Entscheidung zu kommen und wirkliche Veränderung herbeizuführen.

Allerdings, ob das geschieht, liegt ganz bei dir und bei mir.


Kommentare

Wilfried

Ähnlich verhält es sich mit Bibeltexten, die im falschen Zusammenhang zitiert werden. Beispiel: 1. Kor. 2,9 : “Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört……” Wie oft habe ich versucht in Gemeinden klarzustellen, dass Paulus hier eindeutig von der unglaublichen Schönheit der Erlösung spricht, und nicht von irgend etwas Zukünftigem im Gottesreich. Und schon in der folgenden Woche ist der Text wieder genauso falsch zitiert worden wie immer!

Das Problem liegt wohl darin, dass wir gerne anders wären, ohne anders werden zu müssen. Also, wieviele Raucher wären gerne Nichtraucher, aber das Rauchen aufzugeben schaffen sie nicht. Ich würde gerne auf der anderen Spur fahren, aber die Energie zum Spurwechsel bringe ich nicht auf. Das geht tiefer. Da müssen die Umstände schon dramatisch schlecht werden, damit ich endlich einen Wechsel vornehme.

Hier noch ein positives Beispiel: Vor 2 Jahren hatten wir eine Predigtreihe über Nehemia. Und ich hatte auch an einem dieser Sonntage gepredigt, und zwar darüber, dass das Volk sich bei Nehemia über die schlechte Versorgungslage beklagt hatte: “das Volk schrie zu Nehemia”. Ich hatte der Gemeinde gesagt, wenn es euch schlecht geht, müsst ihr vielleicht auch zuerst einmal schreien, damit wir überhaupt wissen, dass euch etwas fehlt. Prompt meldete sich eine Familie bei unserer Pastorin, weil sie ein kaputtes Dach hatten, aber kein Geld es reparieren zu lassen. Innerhalb einer Woche spendete jemand neue Dachschindeln und ein Trupp Handwerker aus der Gemeinde hat in der Freizeit das Dach komplett neu gedeckt. Mir haben sie später gesagt, dass sie ohne meine Predigt nie den Mut aufgebracht hätten, ihre Not herauszuschreien. Predigen ist also nicht immer für die Katz!

Egmont

Danke, Wilfried! Schönes Beispiel. Aber auch das negative ist treffend. Ich predigte einmal einzig und allein darüber, was wir ”in Christus” sind, nicht also was wir sein oder machen sollten. Hinterher lobte mich eine Schwester wegen der ”guten Predigt”. Als ich sie fragte, was sie denn daraus mitgenommen habe, sagte sie: ”Dass wir in Christus sein sollen”. Mich hätte es fast umgehauen. Die Predigt konnte an ihrem alteingeschliffenen Sprachgebrauch nichts ändern. Vielleicht meinte sie das Richtige, konnte es aber nur auf ihre althergekommene Weise ausdrücken.


Doris

Hallo Egmont, das sind ja wirklich revolutionäre Erkenntnisse! Ich bin gespannt auf die Fortsetzung: “Was sind denn nun die Voraussetzungen dafür, dass wir auch zu Veränderung bereit sind?” Ich vermute mal, dass es was mit Verfolgung und Leid zu tun hat.

Egmont

Danke für deinen Kommentar. Ich kann nicht ganz sehen, was an dem Artikel revolutionär sein sollte, oder vielleicht gar neu. Das sind eben so die Erkenntnisse, die im Umgang mit Menschen entstehen, aus der Sicht des Leitenden gesehen. Einem Pastor oder Prediger müssten sich diese Gedanken einfach aufdrängen. Lies mal Wilfried Hahns Kommentar und meine Antwort darauf.

Wie das geändert werden kann? Eigentlich könnte jeder zu jeder Zeit etwas an sich ändern, wenn er nur wollte. Die Erfahrung zeigt aber, dass wir erst dazu wirklich bereit sind, wenn wir in Not kommen, wenn also der Status quo so unbequem wird, dass wir eine Veränderung riskieren wollen. Deshalb sind Krisenzeiten gute Zeiten, weil wir dann kreativ werden und viel eher Fortschritte machen können.