Egmont Mika

Feindesliebe - mit doppeltem Gewinn

Es lohnt sich wirklich, seinen Feind zu lieben.

Und das gleich zweimal!

Das soll nicht etwa heißen, dass du dir deshalb mutwillig Leute zu Feinden machen sollst; das wäre wahrscheinlich auch gar nicht nötig. Denn Leute, die uns aus irgendeinem ersichtlichen oder unersichtlichen Grund verachten, beleidigen, trakassieren, blockieren, hassen oder einfach links liegen lassen, gibt es wahrscheinlich auch ohne dass wir uns besonders darum bemühen.

Wenn es also diese negativen Beziehungen bereits gibt, warum nicht etwas Gutes daraus machen? Wer das versteht, kann dabei nur gewinnen und, wie gesagt, sogar zweimal.

Wie soll das gehen?

Hast du schon mal um mehr Liebe für die Menschen gebetet, oder um mehr Geduld oder eine andere Charaktereigenschaft? Dann ging es dir vielleicht ähnlich wie mir, dass die Erhörung darin bestand, dass der Herr dir jemanden in den Weg schickte, der dich gerade bezüglich dieser Fähigkeit aufs Äußerste auf die Probe stellte.

Anstatt also deine Gefühle für gewisse Menschen auf wunderbare Weise in ihr Gegenteil zu kehren, besorgte er dir eine Möglichkeit zum Üben. Der Herr ist ein Meister, wenn es darum geht, Negatives in Positives zu wenden - und uns dafür die Verantwortung zu geben.

Beziehen wir diese Einsicht jetzt auf unsere „Feinde”, oder sagen wir ganz allgemein, auf alle Arten negativer Beziehungen.

Fangen wir am besten mit einem unserer leichteren Fälle an. Das könnte jemand sein, der uns nur leicht irritiert oder vielleicht etwas unsympathisch erscheint. Vielleicht haben wir einen Nachbarn, Kollegen oder Verwandten, der dafür qualifizieren könnte.

Du startest deine Offensive, indem du dich dafür entscheidest, über diese Person nur noch positiv zu denken und zu reden und so nach und nach deine Einstellung gegenüber dieser Person zu ändern. Du betest auch für diesen Menschen, nicht etwa um etwas an ihm oder ihr zu verändern, sondern einfach nur um zu segnen, also Gutes über sie auszusprechen.

Vielleicht fällt dir auch ein, wie du deine neue Einstellung dieser Person gegenüber zum Ausdruck bringen kannst, vielleicht durch ein Lächeln, einen ermutigenden Blick, ein paar gute Worte, irgendeine Hilfe oder was immer dir passend erscheint. Sollte es dir inzwischen gelungen sein, deine Einstellung wirklich zu ändern, dann dürfte dies nicht schwer fallen. Vielleicht geschieht es sogar vollkommen spontan.

Vergiss nur nicht, dass du das alles nicht mit der Absicht tust, den anderen zu verändern. Du veränderst eigentlich nur dich selbst und liebst den anderen um seiner selbst willen, also bedingungslos, ohne jegliche Forderungen oder Erwartungen.

Dennoch wird dein Verhalten beim Anderen früher oder später eine Reaktion auslösen, höchstwahrscheinlich eine positive. In diesem Fall bist du dabei, einen Freund zu gewinnen. Das wäre sehr ermutigend und gäbe dir die Aussicht auf einen Volltreffer. Das wäre dein erster Gewinn.

Aber es muss ja nicht so kommen; da gibt es keine Garantie. Was machen, wenn der Andere dir immer nur den Rücken kehrt? Dann lässt du dich dadurch nicht entmutigen und machst eben trotzdem weiter, denn die Reaktion des Anderen ist nicht deine Verantwortung. Außerdem gibt es für dich noch einen weiteren Gewinn, und der ist dir immer sicher, unabhängig von seiner Reaktion.

Bei diesem Gewinn geht es nämlich nicht um den Anderen, sondern um dich, um die Entwicklung deines Charakters. Um deine persönliche Reife.

Du segnest und liebst und betest also weiter. Und Tag um Tag geschieht etwas mit dir, oder vielleicht besser gesagt, in dir. Du stellst fest, dass dich deine negativen Gefühle für diesen Menschen verlassen, ja mehr noch, dass du jetzt im positiven Sinn um diesen Menschen besorgt bist.

Wenn du das an dir beobachtest, bist du ein gutes Stück vorwärts gekommen und dein ehemaliger „Feind” hat dir sogar, ohne selbst davon zu wissen, noch dabei geholfen.

Das wäre dein zweiter Gewinn.

Damit wärest du eigentlich schon am Ziel. Aber du kannst auch weitermachen. Du könntest dir als dein nächstes Opfer einen etwas schwereren Fall vornehmen und somit auf einen weiteren Sieg zusteuern. Du könntest sozusagen „von Sieg zu Sieg” gehen.

Am Anfang mag solch ein Unternehmen oft aussichtslos erscheinen. Jedoch mit etwas Glaube und Liebe lässt es sich machen und führt immer zum Erfolg.

In den meisten Fällen sogar zu einem doppelten.